"Die Sonne hört nicht auf zu scheinen, bloss weil sie gerade von Wolken verdeckt ist oder wir sie in der Nacht nicht sehen." (Peseschkian, 2004)
* Was ist Psychotherapie? * Was ist Verhaltenstherapie?
* Wann ist eine Psychotherapie ratsam?
* Wer ist wer? - Psychotherapeut - Psychiater - Psychologe
* Wer trägt die Kosten?
Wörtlich übersetzt bedeutet Psychotherapie „Behandlung der Seele“ bzw. Behandlung von seelischen Problemen. Mit psychologischen Methoden - wie psychotherapeutischen Gesprächen, Entspannungsverfahren oder kognitiven Methoden – werden Störungen des Denkens, Handelns und Erlebens identifiziert und therapiert.
Psychotherapie ist die Behandlung von psychischen Störungen mit Krankheitswert, dazu zählen unter anderem Depressionen, Ängste, Essstörungen, Zwänge oder psychosomatische Erkrankungen. Auch werden psychotherapeutische Maßnahmen immer häufiger als Ergänzung zu medizinischer Behandlung eingesetzt, etwa bei Schmerzzuständen oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Psychotherapie ist die gezielte Behandlung einer psychischen Erkrankung. Die Behandlung soll die Behebung eines bestimmten Problems anstreben und somit zeitlich begrenzt sein.
Diese Frage ist gar nicht so einfach zu beantworten. Jeder Mensch kennt psychische Beschwerden. Jeder Mensch gerät im Laufe seines Lebens in verschiedene Krisen. Häufig gelingt es vielen, diese Krisen ohne professionelle Hilfe zu bewältigen. Die menschliche Psyche verfügt über beachtliche Selbstheilungskräfte. Viele Menschen haben Familie und Freunde, die sie hierbei wirkungsvoll unterstützen können.
Manchmal gelingt es jedoch über Wochen und Monate nicht, aus eigener Kraft oder durch Gespräche mit einem Partner oder Freund wieder ins Lot zu kommen. Die psychischen Probleme bleiben bestehen, entwickeln oftmals auch eine negative Eigendynamik, der sich der Einzelne allein nur schwer entziehen kann. Dann könnte es sinnvoll sein, eine Psychotherapeutin aufzusuchen und in einem persönlichen Gespräch zu klären, ob eine Behandlung ratsam ist.
Manchmal sind psychische Erkrankungen auch nicht so einfach zu erkennen. Es gelingt, die schwierigen Gefühle zu umgehen. Eine Freundin geht für Sie im Kaufhaus einkaufen, dessen Gewimmel immer wieder Panikanfälle auslöst - und schon ist die übermächtige Angst vor vielen Menschen nicht mehr spürbar. Trotzdem kann sich die psychische Störung, die tatsächlich besteht, weiter verfestigen und dauerhaft werden. Es kann sich also auch bei gelegentlichen, aber wiederkehrenden außergewöhnlichen Gefühlen lohnen, sich mit einem Psychotherapeuten darüber zu unterhalten.
Erste Fragen an sich selbst Wenn Sie noch eingehender prüfen möchten, ob für Sie eine Psychotherapie in Frage kommt oder nicht, hilft Ihnen vielleicht folgende Frageliste weiter:
* So kenne ich mich nicht! * Fühle ich mich anders als sonst? * Beunruhigt mich diese Veränderung? * Gibt es eine Erklärung für die Veränderung? * Reicht diese nicht aus, um die Dauer und Heftigkeit der Beschwerden zu begründen? * Kann ich meine tägliche Arbeit nur noch mit Mühe verrichten? * Mache ich mir immer Sorgen und habe ich viel Angst? * Leide ich unter körperlichen Beschwerden? * Ist mein Schlaf gestört, schlafe ich zu wenig oder zu viel? * Fühle ich mich oft aggressiv, hasserfüllt, gereizt oder bin ich sehr intolerant? * Bin ich oft krankgeschrieben? Habe ich Selbstmordgedanken? * Habe ich kaum noch Menschen, mit denen ich über meine Probleme sprechen kann? * Helfen Gespräche mit Freunden nicht mehr? * Fällt die Veränderung auch anderen deutlich auf? * Ist das schon länger als drei Monate so? Ist mir das alles egal? (Quelle: Rosemarie Piontek: Wegbegleiter Psychotherapie, Bonn 2002)
Nach den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen wird Psychotherapie im öffentlichen (also von Kassen und Privatversicherungen getragenen) Gesundheitswesen bei folgenden Erkrankungen angewandt:
☼ bei "krankheitswertigen Störungen der Wahrnehmung, des Verhaltens, der Erlebnisverarbeitung, der sozialen Beziehungen oder der Körperfunktionen". Dazu gehören unter anderem Ängste, Depressionen, Zwangserkrankungen, Ess-Störungen (z.B. Bulimie, Anorexie), Verhaltensstörungen (bei Kindern z.B. Hyperaktivität, Bettnässen), chronische Schmerzen ohne ausreichenden körperlichen Befund, psychisch bedingte Störungen der Sexualfunktionen und anderer körperlicher Funktionen, wie etwa des Blutdrucks, der inneren Organe, des Bewegungsapparates, psychosomatische Erkrankungen, d.h. körperliche Erkrankungen, die durch psychische Faktoren ausgelöst oder aufrechterhalten werden.
☼ bei "seelischen Folgen einer körperlichen Erkrankung oder eines Traumas" (d.h. einer schweren körperlichen oder psychischen Verletzung). Dazu gehört unter anderem die Nachsorge, Rehabilitation und Begleitung bei schweren körperlichen Erkrankungen, die Behandlung akuter und chronischer Störungen nach schweren Traumata (also etwa Unfällen, Folter, Vergewaltigung), die Behandlung "seelischer Folgen frühkindlicher emotionaler Mangelzustände" (sogenannte Persönlichkeitsstörungen) oder "seelischer Folgen schwerer Erkrankungen oder Traumata in der Kindheit".
☼ bei "seelischen Folgen von Psychosen" (im Anschluß an die psychiatrische Behandlung) "oder Suchterkrankungen" (meist erst nach stabilisiertem Entzug).
Der Katalog der anerkannten psychischen Erkrankungen ist im International Codex of Diseases (ICD10) aufgeführt. Dieses Verzeichnis wird von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) herausgegeben. Eine Beschreibung der häufigsten Erkrankungen und einen Auszug aus dem ICD-10 finden Sie auf der Seite "Störungsbilder".
Es gibt verschiedenen psychotherapeutischen Verfahren, die sich sowohl hinsichtlich ihres Verständnisses der Entstehung von psychischen Krankheiten als auch in ihrem Therapiekonzept und der Haltung des Psychotherapeuten von einander unterscheiden. Eine Übersicht und die Beschreibung einzelner Verfahren finden Sie auf der Internetseite der Bundespsychotherapeutenkammer (www.bptk.de). Von den gesetzlichen Krankenkassen werden zur Zeit drei Verfahren erstattet: die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, die analytische Psychotherapie und die Verhaltenstherapie.
Die Verhaltenstherapie geht davon aus, dass Menschen ihr Verhalten und Erleben durch Erfahrungen im Laufe ihres Lebens erlernen. Eine psychische Krankheit entsteht dann, wenn die erlernten Muster problematisch oder unangemessen sind; etwa indem sie beim Patienten oder seiner Umgebung Leidensdruck verursachen.
Der Psychotherapeut erarbeitet gemeinsam mit dem Patienten neue Verhaltens- und Erlebensmuster, die der Patient mit Hilfe verschiedener Methoden einübt. Ziel ist es, die negativen Muster durch positive zu ersetzen.
Die Verhaltenstherapie ist eine gedanken- und handlungsorientierte, problem- und ressourcenbezogene Therapieform und kann heute als die mit Abstand wirksamste Form von Psychotherapie bezeichnet werden. Sie ist gekennzeichnet durch die Schaffung einer vertrauensvollen und tragfähigen Arbeitsbeziehung sowie einem systematischen Vorgehen bei der Analyse persönlicher Probleme und den Einsatz individuell zugeschnittener, effektiver und zielführender Behandlungsschritte. Ein weiteres Merkmal ist die Transparenz der Behandlung. Dies bedeutet, Sie wissen stets, wie nahe Sie Ihren persönlichen Therapiezielen bereits gekommen sind.
Zur Erreichung der vom Patienten formulierten Ziele verfügt die moderne Verhaltenstherapie neben dem Gespräch über eine Vielzahl von bewährten Verfahren, die zum Teil auch außerhalb der Therapiesitzungen oder als Hausaufgaben im Anschluß an die Therapiesitzungen durchgeführt werden.
Drei Begriffe - drei Berufsfelder.
Psychotherapeut ist eine gesetztlich geschütze Berufsbezeichnung für jemanden der Psychotherapie ausübt und über eine gesetzlich vorgeschriebene abgeschlossene Zusatzausbildung und Berufszulassung (Approbation) verfügt. Je nach "Grundberuf" unterscheidet man zwischen:
- dem "Psychologischen Psychotherapeuten" mit dem Grundberuf Diplompsychologe und dem Schwerpunktfach Klinische Psychologie. Der Beruf des Psychologischen Psychotherapeuten ist seit 1999 durch das Psychotherapeutengesetz geregelt. Vom Behandlungsansatz her unterstützt er den Patienten mit psychologischen Mitteln dabei, die psychische Erkrankung durch eine bewusste Auseinandersetzung mit ihren Ursachen und/oder durch gezieltes Einüben neuer Verhaltensweisen zu überwinden. Falls eine organische Erkrankung mitbehandelt werden muss, oder wenn bei einer psychischen Erkrankung eine Kombination von psychologischer und medikamentöser Therapie notwendig ist, arbeiten Psychologische Psychotherapeuten und Ärzte Hand in Hand.
- dem "Medizinischen Psychotherapeuten" mit dem Grundberuf Medizin. Erst eine psychotherapeutische Zusatzausbildung berechtigt einen Arzt auch Psychotherapie auszuüben und neben der Facharztbezeichnung (z.B. Psychiater, Gynäkologe) die Zusatzbezeichnung "Psychotherapie" oder "Psychoanalyse" zu führen.
- dem "Kinder- und Jugendtherapeuten", der vom Grundberuf her Psychologe, Mediziner oder auch Pädagoge sein kann.
Der Psychiater ist ein Facharzt für seelische Erkrankungen oder Störungen. Er hat Medizin studiert und eine mehrjährige Facharztausbildung zum Psychiater absolviert. Schwerpunkte des Studiums sind in erster Linie Funktionsweise und Erkrankungen des menschlichen Körpers; Schwerpunkte der Zusatzausbildung sind spezielle Kenntnisse über psychische Erkrankungen, die wie körperliche Erkrankungen auch zumeist mit Medikamenten, den so genannten Psychopharmaka, behandelt werden.
Ein Diplom-Psychologe hat das Fach Psychologie studiert. Psychologen beschäftigen sich damit, menschliches Erleben (z.B. Gedanken und Gefühle) und Verhalten zu beschreiben, zu erklären, vorherzusagen und zu ändern. Die Berufsbezeichnung "Psychologe" oder "Diplom-Psychologe" darf nur von Personen geführt werden, die über den Abschluss eines Hochschulstudiums im Fach Psychologie verfügen. Psychologen, die nach dem Studium eine Zusatzausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten anstreben, müssen bereits im Hauptstudium ihre Schwerpunke auf Klinische Psychologie und psychologische Behandlungsmethoden legen. Dabei werden umfassende Kenntnisse über die seelisch-körperliche Gesundheit und Krankheit sowie die Grundlagen der wissenschaftlichen Psychotherapie erworben. Zur Erlangung der Approbation muss nach Abschluss des Psychologiestudiums eine dreijährige ganztägige oder eine fünfjährige berufsbegleitende psychotherapeutische Ausbildungabsolviert werden, die ihn für die eigenverantwortliche Ausübung der Psychotherapie qualifiziert.
Wann zahlt die gesetzliche Krankenkasse?
Psychotherapeuten, die an der vertragspsychotherapeutischen Versorgung teilnehmen, sind, genau wie die niedergelassenen Ärzte, Mitglieder ihrer regionalen Kassenärztlichen Vereinigung (KV). Sie als Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse können einen kassenzugelassenen Psychotherapeuten ohne Überweisung, d. h. ohne vorher einen Arzt konsultieren zu müssen, direkt aufsuchen. Psychotherapeuten behandeln nicht auf Verordnung des Arztes sondern stellen eigenständig fest, ob eine psychische Erkrankung vorliegt und führen erforderlichenfalls die psychotherapeutische Behandlung eigenverantwortlich durch. Wenn Sie aber die Praxisgebühr im Quartal schon einmal entrichtet haben und nicht noch ein Mal zahlen wollen, empfiehlt es sich, eine Überweisung zum Psychotherapeuten von demjenigen Arzt anzufordern, der die Praxisgebühr erhalten hat. Dies ist auch mehrmals möglich.
Die gesetzliche Krankenkasse übernimmt die Kosten einer Psychotherapie, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind: Der Psychotherapeut muss über eine Kassenzulassung verfügen und beim Patienten muss eine psychische Störung mit Krankheitswert festgestellt werden. Zunächst hat jeder gesetzlich versicherte Patient Anspruch auf bis zu 5 Probesitzungen für Verhaltenstherapie. Im Anschluss an die Probesitzungen stellt der Psychotherapeut die Diagnose und reicht dann einen Bericht an den Gutachter bei der Krankenkasse ein, mit dem die Kostenübernahme beantragt wird. Dieser Bericht umfasst ca. 3-4 Seiten und bezieht sich u. a. auf die Diagnosestellung und den Therapieplan. Beigefügt wird ein kurzer ärztlichen Konsiliarbericht. Sie müssen nach den Probesitzungen, jedoch vor Beginn der eigentlichen Psychotherapie einen Arzt aufsuchen um klären zu lassen, ob eine körperliche Erkrankung vorliegt, die zusätzlich behandelt werden muss. Verweigert die Krankenkasse die Kostenübernahme, gilt es zunächst zu klären, mit welcher Begründung die Übernahme abgelehnt wird. Sie haben dann die Möglichkeit, Widerspruch bei Ihrer Krankenkasse einzulegen.
Welche Möglichkeiten habe ich, wenn in meiner Stadt kein kassenärztlich zugelassener Psychotherapeut einen freien Platz hat?
Leider gibt es in vielen Regionen Deutschlands lange Wartezeiten bei Psychotherapeuten. Die gesetzlichen Krankenkassen sind verpflichtet, die Versorgung der Versicherten sicherzustellen.
Wenn Sie bei sich vor Ort keinen Termin bei einem zugelassenen Psychotherapeuten bekommen können, haben Sie deshalb die Möglichkeit, bei Ihrer Krankenkasse die Kostenübernahme bei einem nicht kassenzugelassenen Psychotherapeuten zu beantragen. Der § 13 (3) Sozialgesetzbuch gibt folgende Regelung vor: „Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war.“
Für diese Kostenerstattung Ihrer Krankenkasse müssen Sie nachweisen, dass kein Vertragsbehandler Kapazitäten frei hat. Des Weiteren können Sie eine Bescheinigung der Notwendigkeit einer Psychotherapie beilegen. Dies kann zum Beispiel die Empfehlung eines Arztes oder einer Klinik sein. Die Möglichkeit einer Kostenübernahme besteht auch in diesem Fall nur für die Richtlinienverfahren Verhaltenstherapie, tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie und analytische Psychotherapie. Der Behandler muss also über eine Ausbildung und Approbation in einem dieser Verfahren verfügen.
Welche Leistungen bieten private Versicherungen und die Beihilfe?
Die Regelungen der Beihilfe orientieren sich an denen der gesetzlichen Krankenkassen. Auch hier haben Patienten zunächst die Möglichkeit, auch ohne Überweisung eines Arztes Probesitzungen in Anspruch zu nehmen. Allerdings genügt hier der Arztregister-Eintrag, eine Kassenzulassung ist nicht erforderlich, da es sich bei der Beihilfe nicht um eine gesetzliche Krankenkasse handelt.
Die Regelungen der privaten Krankenversicherungen sind uneinheitlich und vertragsabhängig. Sie reichen von der vollen Kostenübernahme über bestimmte Jahreskontingente (z. B. 30 Sitzungen pro Jahr) bis hin zum Leistungsausschluss für Psychotherapie. Es empfiehlt sich, vor der Kontaktaufnahme mit dem Psychotherapeuten bei Ihrer Versicherung die genauen Konditionen einer Kostenübernahme zu erfragen, bzw. selber nachzulesen. Maßgeblich ist in jedem Fall das „Kleingedruckte“, also die Versicherungsbedingungen in der Police. Es empfiehlt, sich bei älteren Verträgen die private Krankenversicherung darauf aufmerksam zu machen, dass psychologische Psychotherapie seit dem Psychotherapeutengesetz von 1999 ärztlichen Behandlungen gleichgestellt ist und deshalb auch genauso abgerechnet werden sollte.
(Quellenangabe: obige Informationen wurden teilweise entnommen aus den Internetseiten der Deutschen PsychotherapeutenVereinigung und der Bundespsychotherapeutenkammer)